Florian Sitzmann
„Ich bin ein Sitzriese.“
Zur Person
Das Leben von Florian Sitzmann, am 07.09.1976 in Frankfurt/M geboren, veränderte sich durch einen dramatischen Motorradunfall von einer Minute zur nächsten: Im August 1992 unternimmt er mit einem Freund eine Motorradtour, Sitzmann als Sozius. Auf nasser Autobahn driftet das Motorrad ab, Florian Sitzmann fällt auf den Asphalt, ein 20-Tonner überrollt ihn. Seitdem führt der einstige 2,04-Meter-Mann ein Leben ohne Beine. Doch er haderte nie und suchte sich neue Lebensinhalte. Er wurde mehrfacher deutscher sowie Vizeweltmeister der Handbiker, nahm an den Paralympics in Athen teil, gründete eine Familie und schrieb zwei Bücher. 20 Jahre lang arbeitete er zudem u. a. im Reha-Fachhandel, in einer Event-Agentur, als Arbeitsvermittler und als Pressesprecher. Heute hält er Vorträge und tritt häufig in Talkshows in Erscheinung, wo er einen natürlicheren Umgang mit körperlich Behinderten propagiert.
07.04.2014, wir sind telefonisch verabredet. Am Vortag ist der 37-Jährige stundenlang mit seinem 1967 Ford Mustang Cabrio durch den Odenwald gefahren. Der Wagen ist behindertengerecht umgebaut – Florian Sitzmann hat seit einem Motorradunfall keine Beine mehr. E-Mails unterschreibt der einstige Spitzensportler mit „der 1/2 Mann“. Er ist gut gelaunt, äußerst charmant, sein enormes Selbstbewusstsein ist selbst durch die Telefonleitung zu spüren. Im Gespräch berichtet er von dem Unfall, der sein Leben existenziell veränderte, und warum der LKW-Fahrer jahrelang glaubte, ihn getötet zu haben. Außerdem, warum Öffentlichkeit für behinderte Menschen so wichtig ist und warum ausgerechnet Schlagerbarde Howard Carpendale ihm zum großen Glück verhalf.
Herr Sitzmann, was ist Ihre Definition von Glück?
Florian Sitzmann: Was ist Glück? Wenn man das auf meine Geschichte runterbricht, war das zu Beginn sicher kein Glück, sondern Schicksal. Glück bedeutet für mich, dass mein Kind gesund auf die Welt gekommen ist.
Sind Sie ein glücklicher Mensch?
Ja. Ich bin nicht immer ein zufriedener Mensch, aber auf jeden Fall bin ich glücklich. Das beißt sich ja auch nicht. Wenn man nicht immer ganz zufrieden ist, hat man schließlich noch die Möglichkeit, an sich zu arbeiten, weiter nach vorne zu kommen. Ich finde, jeder ist selbstverantwortlich für sein Glück. Leute, die mir immer erzählen „Es läuft einfach nicht, die ganze Welt ist schlecht“, denen sage ich, dass die mal ihren Hintern hoch kriegen müssen. Dass du selber was tun musst, damit dein Leben anders wird. Ich habe das über zwei Jahrzehnte lang kontinuierlich getan. Ich war ganz oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das war vielleicht Glück. Ich habe oft die richtigen Menschen kennengelernt, die mich immer ein Stück weiter gebracht haben.